Was bedeutet eine Zerschlagung der AUVA für die Arbeitnehmer?

Durch die Pläne der Regierung, bei der AUVA (Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt) künftig 500 Mio. Euro einzusparen oder falls dieses Ziel nicht erreicht wird, die AUVA zu liquidieren, kam dieses Thema in den letzten Tagen vermehrt in die Medien. Dass Einsparungen von 500 Mio. Euro bei einem gesamten Verwaltungsaufwand von 92,4 Mio. Euro, am Ende des Tages eine Kürzung der Leistungen bedeutet, ist schon rein rechnerisch klar. Doch was sind eigentlich die Leistungen der AUVA?

Leistungen der AUVA

Die AUVA ist die gesetzliche Unfallversicherung für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Einerseits hat sie hier die Aufgabe Unternehmen in der Prävention zu unterstützen – also Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten von vorne herein zu verhindern. So hat sich seit 1990 die Zahl der Arbeitsunfälle österreichweit fast halbiert. Andererseits – sollte es dennoch z.B. zu einem Arbeitsunfall kommen, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf die bestmögliche Versorgung und Wiederherstellung. Die Qualität der Leistungen bei einem Freizeitunfall, der beispielsweise über die GKK abgerechnet wird, und einem Arbeitsunfall, kann sich hier schon massiv unterscheiden. Deshalb ist es wichtig, jeden Arbeitsunfall auch als solchen zu melden.

Zur Heilbehandlung und Rehabilitation betreibt die AUVA selbst sieben Unfallkrankenhäuser, die in der Unfallchirurgie die europäischen Standards vorgeben, und vier Reha-Zentren, die in den Bereichen Querschnittlähmung oder Schädel-Hirn-Trauma einen exzellenten Ruf haben. Deshalb werden diese auch bei Freizeitunfällen auf Rechnung anderer Versicherungsträger genutzt.

Sollte dennoch nach einem Arbeitsunfall oder aufgrund einer Berufskrankheit ein gesundheitlicher  Schaden bestehen bleiben, dann leistet die AUVA eine Finanzielle Entschädigung in Form von Unfallrenten von derzeit über 500 Mio. Euro pro Jahr.

Aber nicht nur 2,9 Mio. unselbständig Erwerbstätige sind über die AUVA unfallversichert, auch beispielsweise 500.000 Selbständige und 1,4 Mio. Schul- und Kindergartenkinder sowie Studenten. Auch zahlreiche freiwillige Helfer von Feuerwehr bis Rettung sind im Dienst über die AUVA versichert.

Wer zahlt das?

Finanziert wird die AUVA fast ausschließlich aus Arbeitgeberbeiträgen. Der Beitragssatz wurde 2014 von 1,4 % auf 1,3 % gesenkt. Somit zahlt das Unternehmen beispielsweise für einen Arbeitnehmer mit einem Bruttogehalt von 2500 Euro monatlich einen AUVA-Beitrag von 32,50 Euro. Dem Arbeitnehmer selbst kostet die Unfallversicherung nichts.

Was bekommen die Unternehmen dafür?

Dafür, dass die Unternehmen für ihre Arbeitnehmer die gesetzliche Unfallversicherung zahlen, bekommen sie das sogenannte Arbeitgeber-Haftungsprivileg (§ 333 ASVG). Somit kann ein Arbeitnehmer bei einer Verletzung aufgrund eines Arbeitsunfalls nur Schadenersatz gelten machen, wenn dieser Arbeitsunfall vorsätzlich verursacht wurde. Bei allen anderen Arbeitsunfällen – auch wenn sie grob fahrlässig verursacht wurden – haftet die AUVA gegenüber dem Arbeitnehmer durch ihre Leistungen. Hohe Schadenersatzklagen in Millionenhöhe, wie man sie aus den USA kennt, sind dadurch in diesem Fall nicht möglich. Somit nimmt die AUVA den Unternehmen das Risiko der Haftungen ab – und dies mit einem Verwaltungskostenanteil von rund 7 % sehr günstig im Vergleich zu privaten Versicherungen. Diese liegen laut OECD bei Verwaltungskosten von 30,7 % – wollen diese doch auch Gewinne ausschütten und müssen im Gegensatz zur AUVA auch Werbung machen.

Was heißt das nun für die Arbeitnehmer?

Wenn die AUVA zerschlagen wird, heißt das zwangsläufig, dass entweder die Leistungen gekürzt werden oder die Differenz über Steuermittel – sprich durch alle Steuerzahler – bezahlt werden muss. So oder so, die Arbeitnehmer zahlen in Summe drauf. Ob dann auch noch das Haftungsprivileg bestehen bleiben darf, wenn die adäquaten Leistungen nicht mehr über die Unternehmen finanziert werden, steht in den Sternen. Eine Übertragung des Schadenersatz-Risikos auf die Unternehmen im Falle eines Arbeitsunfalls  – auch wenn die bestmögliche Versorgung nicht mehr gewährleistet wird – ist mit den aktuellen parlamentarischen Mehrheiten nicht zu erwarten.

Für Arbeitnehmer heißt das, ein Einsatz für den Erhalt der AUVA zahlt sich aus – sei es für den Fall der Fälle oder als Steuerzahler. Unterstütze deshalb auch du die aktuelle Kampagne gegen die Zerschlagung der AUVA. Die entsprechende Petition kann hier unterzeichnet werden.


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